go-stirl

Navigation
Direkt zum Seiteninhalt

Text & Fotos: Enrico Stirl

    

Wir verlassen Sin City und machen uns auf den Weg nach Süden. Die Fahrt geht über den Hoover Staudamm, Kingman (AZ), vorbei an der Road to Bagdad und Phoenix (der Hauptstadt Arizonas, rechtes Bild) bis nach Tucson.
    
Tucson (Tusonn gesprochen – mit Betonung auf dem „u“) ist die zweitgrößte Stadt Arizonas und hat inklusive der Vororte mittlerweile eine Million Einwohner. Bis zur mexikanischen Grenze im Süden sind es nur noch rund 60 Meilen (ca. 100 km). Bis 1853 gehörte Tucson auch noch zu Mexiko und wurde erst durch den Gadsden-Kauf Teil der USA. Der Name der Stadt ist indianischen Ursprungs und die Gegend eines der am längsten fortwährend besiedelten Gebiete der USA. Wir schlagen unser Quartier für die nächsten Tage im Courtyard by Marriott auf. Da Tucson aufgrund seines warmen Winterklimas ein Zufluchtsort für die Snowbirds genannten Amerikaner aus kälteren Gegenden ist, schlägt sich das auch in den Zimmerpreisen deutlich nieder. Wohl oder übel löhnen wir 90,- EUR für das Zimmer, was das günstigste Angebot ist, welches man zu dieser Zeit in Tucson noch finden kann (vom Bates-Motel abgesehen).
Meiden sollte man übrigens den Bezirk von South Tucson, da hier die Kriminalitätsrate überdurchschnittlich hoch ist. Passender weise haben wir kurz zuvor in Vegas eine Folge von „Cops“ (eine Art Polizei-Doku im Stil von RTL II) gesehen, in welcher die Kamera gerade die Polizei der City of South Tucson begleitete, die ein Fahrzeug untersuchte, in welchem sich drei Leichen mit Schusswunden befanden.
Ein paar Minuten westlich der Interstate 10 ist der Sentinal Peak, von welchem man einen wunderbaren Blick über Tucson hat, sehr zu empfehlen. Allerdings wird die Straße ab 20.00 Uhr von der Polizei gesperrt (ein paar Teenager haben es wohl hormonbedingt in der Vergangenheit da oben im wahrsten Sinne des Wortes zu weit getrieben), man muss also vorher hochfahren. Die Temperatur in Tucson ist früh und Abends ebenfalls sehr kalt, wir haben Eiskristalle auf dem Autodach. Tags, wenn die Sonne scheint, erwärmt es sich auf 20°C.
Der Saguaro NP besteht seit 1933 und aus zwei von einander getrennten Gebieten. Unmittelbar an den östlichen Stadtrand von Tucson grenzt der größere Saguaro East, welcher einen älteren Bestand an Saguaros hat und am Fuße des Rincon-Gebirges liegt. Ein paar Meilen westlich von Tucson liegt der Saguaro West an den Tucson Mountains. Gemeinsam sind sie Teil der heißen und trockenen Sonora Wüste, welche sich bis weit hinter die mexikanische Grenze erstreckt. Der Eintritt kostet $ 10,- pro Fahrzeug und ist für sieben Tage und beide Parks gültig. Was Schnelligkeit betrifft sind Saguaros quasi die Beamten unter den Wüstenpflanzen. Nach 15 Jahren erreicht ein Saguaro eine Höhe von ungefähr 28 cm. Nach weiteren 15 Jahren blüht er das erste Mal und trägt Früchte. Hat er eine Höhe von 2 m erreicht, ist er bereits um die 50 Jahre alt.
Die ersten Arme sprießen nach ca. 70 Jahren. Nach 100 Jahren misst er dann schon stolze 8 m. Unter idealen Bedingungen kann der Saguaro 175 – 200 Jahre alt werden und dabei schließlich eine Größe von bis zu 16 Metern und ein Gewicht von 7 – 8 Tonnen erreichen. Der majestätische Saguaro ist damit der größte Kaktus Nordamerikas. Mag sein, dass es (wie so oft) auf Bildern nicht ganz so majestätisch wirkt, aber in Natura sind die Saguaros unglaublich beeindruckend. Wir besuchen den Westpark am frühen Morgen und den Ostpark am späten Nachmittag.


Auf unserer Besuchsliste steht noch das Chiricahua National Monument. Dazu fahren wir auf der I 10 nach Osten bis Willcox. Unterwegs steht ein Schild "Speed enforced by photo radar", kurz danach nochmal und direkt dahinter ein Polizeiauto mit einer Art Riesenantenne auf dem Dach und blitzt jeden, der zu doof zum lesen ist. Von Willcox hier sind es noch 36 Meilen (58 km) bis zum CNM. Die Gegend diente einst den Chiricahua-Apachen als Rückzugsgebiet bei ihrem Kampf gegen die vorrückenden Langmesser. Vergeblich, wie so oft in der Geschichte der amerikanischen Ureinwohner, für die der amerikanische Traum zum Alptraum wurde. Lange vor Geronimo (nee, nicht der mit dem Cadillac sondern der mit dem Mustang), vor schätzungsweise 27 Millionen Jahren kam es zu Vulkanausbrüchen am Turkey Creek. Infolge dessen wurde das umliegende Land mit einer 600 m hohen Schicht aus Asche und Bimsstein überzogen. Das Ganze verdichtete sich zu festem Tuffstein, aus welchem der Zahn der Zeit in Form von Wind und Wasser das weichere Gestein herausnagte und letztlich die heute noch zu sehenden Felsformationen übrig ließ.
Seit 1924 ist es ein National Monument und mit 49 km² für amerikanische Verhältnisse geradezu winzig. Dennoch gibt es auch hier ein Visitor Center und es sind pro Erwachsenen $ 5,- Eintritt zu zahlen. Über den Scenic Drive gelangt man bis zum Massai Point. Dazu gibt es zahlreiche Wanderwege. Temperatur knapp über Null. Zum Teil erinnern die Felsen ein wenig an die Sächsische Schweiz. Einerseits ist das CNM durchaus sehenswert – andererseits haben wir bei den letzten Reisen bereits den Bryce Canyon gesehen. Und mit diesem kann sich das CNM nicht ganz messen. Man kommt also besser, man schaut sich zuerst das CNM an und besucht später den Bryce Canyon. So ist man wahrscheinlich von beiden total begeistert.


Vom CNM fahren wir in südwestliche Richtung nach Tombstone. Die Stadt, welche von sich selbst behauptet, zu zäh zum sterben zu sein. Und nach den ersten Leuten, die uns hier begegnen, scheint das auch zu stimmen. Gegründet 1879, nachdem hier Silbervorkommen entdeckt worden waren, lebten im letzten Jahrhundert bis zu 15.000 Menschen hier. Doch schon zum Ende des vorigen Jahrhunderts fiel mit dem Silberpreis auch die Bevölkerungszahl drastisch und fast wäre Tombstone eine Geisterstadt geworden. Heute leben ca. 1.500 Menschen in Tombstone, welche sich überwiegend von Touristen ernähren - im übertragenen Sinne ;-) Da Wochenende ist, ist die Stadt ziemlich überlaufen, aber das Wetter ist mit blauem Himmel und 18°C sehr angenehm.
Bekannt wurde Tombstone hauptsächlich durch mehrere Schießereien im Wild-West-Stil um die 1880er herum. Die bekannteste dürfte die zwischen den Earp-Brüdern / Doc Holliday und den McLaurys im Oktober 1881 gewesen sein. Der alte Stadtfriedhof – Boothill – kann noch heute besichtigt werden. Die Grabinschriften berichten oft von Raub, Mord und Lynchjustiz. Illustre Gestalten wie beispielsweise Kansas Kid, Indian Bill, 3 Finger Jack und Six-Shooter Jim liegen hier begraben. Der Colt bzw. das Messer saßen damals ziemlich locker. So reichte ein Streit darüber, welches der schnellere Weg ist oder eine falsche Bemerkung über eine Frau bereits aus, um sich ´ne Bleivergiftung zu holen. Tragischstes Beispiel dürfte George Johnson sein, welcher gehängt wurde, obwohl er unschuldig war – er hatte unwissend ein gestohlenes Pferd gekauft.



Auf der Rückfahrt nach Tucson geraten wir kurz hinter Tombstone in eine Kontrolle der Grenzpolizei. Da wir Deutsche und keine illegalen Mexikaner sind dürfen wir jedoch weiter fahren.

Zurück zum Seiteninhalt